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Krieg ist geil!

Mit ihrer neuen Serie „KSK“ zündet die Bundeswehr die nächste Stufe der Kriegspropaganda zur Manipulation der Bürger im Land.

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Nicolas Riedl

Mit über vier Serien über die Bundeswehr allein im Jahre 2018 verdichtet sich die Militärpropaganda hierzulande. Die YouTube-Machwerke sind mittlerweile perfektionierte Instrumente der psychologischen Kriegsführung, wie das neueste Werk „KSK“ zeigt. Dieses orchestriert mit einer eigenen Version zahlreicher Ereignisse im In- und Ausland eine gefährliche Entwicklung in Richtung eines dritten Weltkrieges. Mit der drohenden Total-Zensur auf YouTube könnte der Weg dorthin von den störenden Pazifismus-Steinen befreit und geebnet werden.

Die Kreativität der PR-Agentur, die für die Militärserien zuständig ist, gleicht dem Einsatzgebiet der Bundeswehr – sie kennt schier keine Grenzen! Mittlerweile muss man schon wirklich an der Hand abzählen, wie viele Streiche sich das deutsche Militär – beziehungsweise ihre bestellten PR-Fachleute – ausgedacht haben, um den Dienst an der Waffe für die heranwachsende Generation wieder attraktiv erscheinen zu lassen.
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Foto: BPTU/Shutterstock.com

Mit den „Rekruten“ wollte man 2016 primär die angehenden Schulabgänger anwerben und ihnen einen hautnahen, wenngleich nicht sehr realitätsnahen Eindruck dessen zu vermitteln, was Jugendliche erwartet, wenn diese nach Abgang der Schule keine andere Perspektive sehen, als ihren jungen Körper dem Bund zur Verfügung zu stellen.

Mit der Folgeserie „Mali“ erhielt die Bundeswehrkampagne 2017 die nötige Ego-Shooter-Ästhetik, um auch jungen Zockern den Anreiz zu geben, eines Tages den Play-Station-Kontroller durch eine echte MG zu ersetzen. Passend hierzu warb die Bundeswehr auf der Gamescom 2018 mit Plakaten, die den Krieg als Spiel inszenierten: „Multiplayer at its best“; „Mehr Open World geht nicht“, hieß es da.

Gleichzeitig sollte mit der Serie zu Mali die Tatsache, dass sich die Bundeswehr tausende Kilometer abseits der deutschen Grenzen aufhält – zu deren Verteidigung sie eigentlich gegründet wurde – zu einer völlig normalen und nicht zu hinterfragenden Selbstverständlichkeit werden.

Als Kontrastprogramm jagte man im Januar 2018 für junge Wintersportler gleich eine Miniserie der „Gebirgsjäger“ hinterher, um dann im Sommer desselben Jahres mit den „Springern“ auch den RedBull-Adrenalin-Junkie zu erreichen. Man verringerte die Taktrate zwischen den Serien, präsentierte sie nicht mehr im jährlichen Abstand – um den Pazifisten eine Verschnaufpause zu gewähren –, sondern kreierte nun alle paar Monate eine neue Serie.

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Nach den Springern folgten die „Unbesiegten“: Kriegsveteranen, die sich für die Invictus-Games in Sydney vorbereiteten. Unter ihnen körperlich wie seelisch Geschädigte, die bei dem militärischen Pendant zu den Paralympics noch einmal für ihre Ehre und ihre Anerkennung kämpfen. Dabei betreibt die Bundeswehr mehr Augenwischerei als die Angehörigen, die um ihre Gefallenen weinen. In der Realität werden Soldaten – insbesondere mit Posttraumatischen Belastungsstörungen – oft im Stich gelassen.

Und als ob drei Serien in einem Jahr nicht genug der Militärpropaganda wären, liefert uns die Bundeswehr nun ihre bis dahin aufwändigste Serie, bei der noch einmal alle Register gezogen wurden: „KSK – Kommando Spezialkräfte“.

Wir halten fest: Sieben Bundeswehr-Serien in nur drei Jahren! Vier von diesen allein im Jahr 2018 erschienen. Daneben wird das Land mit Bundeswehrplakaten überflutet. Die Werbekampagne, deren Realisierung Steuergelder im siebenstelligen Bereich verschlingt, operiert mittlerweile auch multimedial. Damit erreicht sie die durchgängig vernetzte Jugend noch gezielter, wenn sie diese mit einem 24-Stunden-Update per WhatsApp über den militärischen Abenteuer-Urlaub auf dem Laufenden hält. Damit die Head-Down-Generation keine Nackenstarre bekommt, holte sich die Bundeswehr Amazons Hauswanze Alexa dazu, um die jungen Leute mit einem Fitness-Skill-Programm physisch fit zu machen.
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Welcome to the jungle!

Worum geht es nun also bei KSK? Tritt beim Zuschauer / dem potenziellen Rekruten nicht irgendwann eine Sättigung ein, wenn er oder sie so mit Bundeswehr-Serien derartig bombardiert wird? Wird das nicht irgendwann langweilig? Scheinbar mitnichten, zumindest aus Sicht der Produzenten. Das liegt nicht nur daran, dass in Zeiten von Netflix und Amazon Prime das exzessive und stundenlange Abkapseln von der Realität, auch „Serien-Suchten“ genannt, zur Normalität geworden ist. Es liegt auch daran, dass die Macher unglaublich kreativ sind. Sie präsentierten die Bundeswehr zu Land, zu Wasser, in der Luft, in kalten Gebirgskämmen, in den trockensten Wüsten und nun auch im gefährlichen Dschungel.

Mit „welcome to the jungle“ begrüßt man uns im Trailer zu KSK. Witzigerweise entstammt diese Liedzeile einem Song der Band Guns N‘ Roses. Und die Kombination aus Rosen und Waffen kennen wir außerdem aus der legendären Szene aus Terminator 2, als dieser ein Bündel Rosen als Tarnung nutzt, um eine Schrottflinte in ein Gebäude zu tragen. Und ähnlich agiert die KSK-Serie. Man verpackt die Realität der rohen Waffengewalt in einem bunten Dschungel-Abenteuer – hierbei wird die Rose einfach durch Lianen und Palmen ersetzt – und transportiert diese auf die Schulhöfe, in die Kinderzimmer und letzten Endes in die Gehirne junger Menschen.

Doch was genau macht die Bundeswehr eigentlich im Dschungel? Die deutsche Sicherheit verteidigen? Es mit Gemütlichkeit probieren? Den nächsten Einsatz im Hambacher Forst üben, wenn die Polizei überfordert sein sollte? Tatsächlich handelt die Serie vom Versuch des zivilen Fotografen und Abenteurers Robert Marc Lehmann, im Ausbildungscamp der Belize Defence Force physisch und mental mit dem Training der harten Jungs der Kommando Sonderkräfte mitzuhalten.

Die Serie soll im Folgenden nun nicht so ausführlich analysiert werden, wie wir von der Jugendredaktion das bei den „Rekruten“ oder bei „Mali“ bereits gemacht haben.

Um es kurz abzuhandeln: Die KSK-Serie stabilisiert aktuell die vier wesentlichen Säulen des Storytellings: 1. Die Personen / Charaktere, 2. Den Ort des Geschehens, 3. Die Handlung, 4. Die Absicht / Intention. Und sie tut das wie folgt:

  1. Die Personen. Protagonist Robert Marc Lehmann ist im Prinzip die Inkarnation von Schwiegermutters Liebling: Groß und stark, aber mit den Augen eines neugierigen Jungen. Er ist sympathisch von der ersten Minute an und das ist wichtig. Es immunisiert im Vorfeld jede Kritik, allerdings je nach dem Grad der kritischen Haltung, mit der man sich die Serie zu Gemüte führt. Auch die späteren Charaktere vermögen es, durch Sympathie zu punkten. Die KSK-Soldaten – die in allen Momenten zum Schutz ihrer Anonymität Sturmmasken tragen – sind die typischen Stereotypen des harten Mannes, wie man ihn aus Hollywood-Blockbustern kennt. Stets mit testosterongeladenem Männlichkeitsgebaren und einem dummen Spruch auf der Lippe schließt man diese Kameraden paradoxerweise schnell ins Herz. Und auch die belizischen Gruppenleiter wirken wie angenehme Zeitgenossen. Sie klären die KSK-Truppe sowie den Zuschauer über die Gefahren im Dschungel auf. Da man mit den Charakteren fiebert, ist man als Zuschauer für ihre Expertise und ihre Erfahrung im bedrohlichen Urwald dankbar.
  2. Der Ort. Nach den Personen trägt er ebenso zur Wirkkraft der Serie bei. Ein tropischer Urwald ist optisch eben imposanter als eine karge Kaserne im norddeutschen Flachland. Das ganze Terrain wird äußerst eindrucksvoll mit Drohnenflügen in Szene gesetzt. Die abenteuerlichen Witterungsbedingungen sowie die vielfältigen Gefahren des Dschungels machen den Ort zu einem spannenden Schauplatz, der Raum für unerwartete Twists und Zwischenfälle bietet. Die aufwändigen Dschungel-Gewächs-Animationen tun ihr übriges.
  3. Die Handlung. KSK ist tatsächlich durchgehend spannend. Selbst als Pazifist wird man in den Bann des Handlungsbogens gezogen und möchte wissen, wie es weitergeht. Welche Gefahren und Herausforderungen des Dschungels erwarten die Truppe morgen? Kann Robert mit dem Rest der Truppe mithalten? KSK erzeugt selbst bei Bundeswehr-Kritikern einen Suchtfaktor. Man kann nur erahnen, welche Wirkungen die Serie auf unvoreingenommene, beeindruckbare junge Geister hat.
  4. Die Absicht. Junge Menschen für das Militär zu begeistern, funktioniert dank der genannten Faktoren. Durch die bildgewaltige, innovative und selektiv informative Darstellung des KSK-Trainings wurde ein weiterer, essentieller Pfeiler der Brücke errichtet, über die die junge Generation in Strömen zum Bund kommen soll.

Das ständige Bombardement junger Geister mit Bundeswehr-Werbung trägt mittlerweile Früchte. So rangiert die Bundeswehr im Juli 2018 auf Platz drei des Trendence-Schülerbarometers der beliebtesten Arbeitgeber. Relativierend muss dem hinzugefügt werden, dass sich die Bundeswehr zu Beginn ihres Imagewechsels 2016 bereits auf Platz vier befand und seit den sieben Bundeswehrserien in der Beliebtheit bei Schülern nur um 0,7 Prozent gestiegen ist. Doch trotz des im Verhältnis zu den Rekrutierungsmaßnahmen langsamen Anstiegs sollte es uns Sorgen machen, dass lediglich die immer militanter aufgerüstete Polizei und der Konzern Adidas mehr Schulabgänger begeistern können als die Bundeswehr.
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Bundeswehr everywhere!

Die Beliebtheit der Bundeswehr auf dem Arbeitsmarkt ist aber bei weitem nicht die einzige besorgniserregende Entwicklung. Es ist die Militarisierung im Ausland, im Inland, in der Gesellschaft und in den Köpfen, beziehungsweise dem „leistungsbestimmenden Muskel (…) zwischen den Ohren“, wie das Gehirn in der KSK-Serie genannt wird.

Es sind mehr als die sieben Serien der Bundeswehr binnen zweier Jahre. Im Ausland konnte ich ähnliche Kampagnen beobachten, beispielsweise in Schweden. Es ist ein ganzes Bündel an jüngsten Ereignissen, die uns zutiefst beunruhigen sollten. Zum Jahresbeginn wurde die Zeiger der Weltuntergangsuhr auf 2 Minuten vor 12 umgestellt: Repressivere Polizeigesetze sollen große Demonstrationen im Keim ersticken. Und wo die Polizei – die nun sowie schon militarisiert wird – nicht mehr weiterkommt, trainiert man in der Simulations-Geisterstadt Schnöggersburg den Kampf in urbanen Gebieten – genau wie die KSK. Man rechnet somit fest mit bürgerkriegsähnlichen Aufständen.

Wir erlebten wieder einen heißen Frühling, dessen Blüten Atompilze hätten sein können, hätten die auf Syrien niedergehenden Raketen der USA, Großbritanniens oder Frankreichs einen russischen Staatsangehörigen getötet. Aus sicherer Quelle weiß ich, dass wir diesen April haarscharf an einer globalen Katastrophe vorbeigeschrammt sind. Weiter ging es mit dem deutschen Ruf nach einer Atombombe, der deutschen Vision einer europäischen Armee, der Aufkündigung des Atomdeals mit dem Iran sowie des INF-Vertrages und dem größten NATO-Manöver seit Ende des Kalten Krieges, Trient Juncture.

Und langsam scheint man es leid zu sein, dass alternative Medien wie wir vom Rubikon immer dazwischenreden und mit so lästigen Hippie-Altlasten wie Frieden, Völkerverständigung und der Forderung nach Abrüstung die Atmosphäre der Spannung versauen. Toxische Gesetze wie das Netzwerkdurchsetzungsgesetz sowie Artikel 13 des neuen EU-Urheberrechtsschutzes sollen dem (noch) freien Internet dem Garaus machen. Wenn YouTube ab 2019 sämtliche YouTube-Kanäle löschen sollte und wir nur noch Inhalte „verifizierter Unternehmen“ – wie zum Beispiel der Bundeswehr – erhalten, sieht es mit unseren Mitteln, der Militär-Propaganda entgegenzutreten, äußerst düster aus!

Wir von der Rubikon-Jugendredaktion haben uns bei unserer letzten Kritik an der Bundeswehr-Kampagne vorgenommen, niemals müde zu werden, gegen jede weitere Bundeswehr-Werbung anzuschreiben, und sei sie noch so dreist. Doch damit, dass wir uns die Finger wund tippen, ist es bei weitem nicht getan! Bei der Serie „Unbesiegt“ kamen wir mit der Kritik nicht einmal hinterher, da erblickte bereits das neuste Werk aus der PR-Schmiede des Bundes das Licht der YouTube-Welt.

Wenn Sie, liebe Leser, Eltern sind, reden Sie bitte mit Ihren Kindern über die Bundeswehr-Werbung. Zeigen Sie ihnen Berichte von Soldaten mit posttraumatischen Belastungsstörungen, kurz PTBS. Reden Sie mit Ihren Kindern bitte auch darüber, dass PTBS sehr häufig von der Bundeswehr nicht anerkannt wird und die Betroffenen mit ihren Problemen allein zurücklässt.

Zeigen Sie Ihnen auch die Absurdität von Auslandseinsätzen auf! Wie absurd es wäre, wenn malische Soldaten in Hessen patrouillieren oder afghanische Kampfjets über das Bundesgebiet fliegen und Daten erheben würden.

Den Schülerinnen und Schülern sei gesagt, auf jeden Fall mutig zu sein, wenn die Bundeswehr in die Klassenzimmer kommt und den Mitschülern nur die Schokoladenseite des Militärdienstes zeigen möchte. Der wahrhaftige Kot ist optisch wie faktisch sehr nah an der Schokoladenseite. Stellt ruhig kritische Fragen, konfrontiert die Jungoffiziere mit Fakten! Es kann dann durchaus passieren, dass ihr aus dem Klassenzimmer fliegt oder euch die Stimme versagt.

Aber lieber mit vor Wut bebender, schwacher Stimme widersprechen, als geist- und gewissenlos in ganzer Stärke „Jawohl, Herr General“ zu rufen!

Nicht umsonst referierte der mittlerweile verstorbene Journalist Eckart Spoo schon vor über vier Jahren gegenüber Schülern: „Ich, ein alter Mann, sage euch, dass wir in einer Vorkriegszeit leben.“

Es ist also Zeit zu handeln! Kommen Sie aber bitte auf gar keinen Fall auf die dumme, verbrecherische und amoralische Idee, Bundeswehrplakate mit unseren Rubikon-Aufklebern zu überdecken! Um dieser Forderung Nachdruck zu verleihen, verweise ich noch einmal auf unseren Aufruf zum zivilen Gehorsam, der insbesondere in der Handhabung unserer Aufkleber gewissenhafte Anwendung finden sollte!

Und darüber hinaus: Bleiben Sie in Ihrem Handeln friedlich. Ironischerweise können Sie sich sogar teilweise an dem Motto der KSK-Serie orientieren:

„Kämpfe nie für dich allein!“

Aber machen Sie es so, wie Nichtkampf-Trainer Rüdiger Lenz es machen würde – und streichen Sie die letzten drei Worte weg.


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Dieser Artikel erschien vor Kurzem auch auf www.Rubicon. Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers.
Bild und Bildunterschrift teilweise oder ganz hinzugefügt von der Redaktion AmericanRebel.
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Für den Inhalt dieses Artikels ist der Autor bzw. die Autorin verantwortlich.
Dabei muss es sich nicht grundsätzlich um die Meinung der Redaktion handeln.

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