Rote Hilfe e.V.

Hartes Urteil gegen Gentrifizierungsgegner – Bewährungsstrafe für Balu

Pressemitteilung des Bundesvorstandes der Roten Hilfe e.V. vom 12. Februar 2017
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Rote Hilfe e.V.
Bundesvorstand

In Berlin wurde der Prozess gegen den Gentrifizierungsgegner, der sich zum Schutz seiner Identität Balu nennt, nach zehn Prozesstagen am siebten Februar endlich beendet. Balu beteiligte sich am 09.07.2016 an der Solidaritätsdemonstration für das umkämpfte Hausprojekt in der Rigaer Straße 94 in Berlin-Friedrichshain, die unter dem Titel „Investor*innenträume platzen lassen!“ stattfand. Dabei wurde er zunächst festgenommen und anschließend per Beschluss eines Haftrichters bis zum Beginn seines Prozesses am 11.10.2016 in Untersuchungshaft festgehalten. Nun wurde Balu zu einer Haftstrafe von einem Jahr und sieben Monaten, ausgesetzt auf zwei Jahre Bewährung, verurteilt. Er soll schweren Landfriedensbruch, eine versuchte gefährliche Körperverletzung, eine Beleidigung und einen Verstoß gegen das Versammlungsgesetz begangen haben. Im Laufe des Prozesses tauchten noch weitere vermeintliche Straftatbestände auf, welche in diesem Urteil noch keine Beachtung fanden. So soll Balu zwei weitere Polizisten mit Tritten verletzt haben. Deshalb droht ihm nun eine weitere Anklage seitens der Berliner Staatsanwaltschaft. Sollte es dabei zu einer weiteren Verurteilung kommen, könnte dieses noch ausstehende Urteil mit dem jetzigen verrechnet werden, sodass es schlussendlich doch noch zu einer Gefängnisstrafe kommen könnte.

Berlin-Friedrichshain, Proteste in der Rigaer Straße 94

Anlass der Demonstration am 09.07.2016 war die am 22.06.2016 erfolgte Teilräumung des Hausprojektes in der Rigaer Straße 94 zu angeblichen Sanierungszwecken, die auf Beschluss des damaligen Berliner Innensenators Frank Henkel (CDU) durch Einsatzkräfte der Polizei begleitet wurde. In einem Prozess vor dem Berliner Landgericht wurde dieses Vorgehen wegen des fehlenden Räumungstitels des Besitzers der betroffenen Immobilie als rechtswidrig herausgestellt. Um die als „Schwarzer Juli“ bekannt gewordene Protestwelle, die auf die illegale Teilräumung folgte, bekämpfen zu können, richtete die Berliner Polizei die Sonderkommission „Linx“ ein. Außerdem wurde die angeblich maßgebliche Beeinträchtigung der inneren Sicherheit durch „Linksextremismus“ zum zentralen Wahlkampfthema der CDU um deren Spitzenkandidaten Frank Henkel.

Das harte Durchgreifen der Berliner Polizei am 09.07.2016 und die Festnahme von insgesamt 86 Demonstrant*innen ist im Zuge dessen als ergebnisorientierte Maßnahme zu verstehen. Unter den festgenommenen Personen befand sich neben Balu auch der Aktivist Aaron. Beide blieben unter verschiedenen Vorwänden wie der vermeintlichen Schwere der ihnen zur Last gelegten Straftaten und einer schlechten Sozialprognose bis zum Prozessbeginn inhaftiert, um an ihnen ein Exempel zu statuieren. Dabei spielten auch ihre angeblich besonders gute Einbindung in die linke Szene sowie „ungeklärte Wohnverhältnisse“, die eine erhöhte Fluchtgefahr begründen sollten, eine entscheidende Rolle. Die dritte Betroffene mit dem Aktivist*innennamen Thunfisch, wurde erst Ende November in Münster festgenommen und von dort aus nach Berlin überstellt, wo sie bis heute in der JVA für Frauen in Lichtenberg einsitzt.

Der nun beendete Prozess gegen Balu war durch den Verfolgungseifer der Staatsanwältin Janine Sadri-Herzog und den abgesprochenen Aussagen der geladenen Polizeizeugen geprägt. Sadri-Herzog bezeichnete die Teilnehmer*innen der Demonstration am 09.07.2016 als „Krawalltouristen“, die Berlin-Friedrichshain aufgesucht hätten, woraufhin es zu kriegerischen Handlungen gekommen sei. Ähnlich absurd war bereits ihr Plädoyer im Prozess gegen Aaron, der zu einem Jahr und acht Monaten Haft, ausgesetzt zu drei Jahren Bewährung, sowie einer Geldstrafe von tausend Euro verurteilt wurde. Zu diesem Urteil erklärte Sadri-Herzog, dass zukünftig auch Ersttäter*innen mit Haft zu bestrafen seien.

Die besonders hart geführten Prozesse gegen Aaron und Balu sind als Einschüchterungsversuche gegen linke Projekte und Aktivist*innen zu verstehen, um den notwendigen und legitimen Protest gegen die neoliberale Umgestaltung im Sinne der fortschreitenden Gentrifizierung Berlins zu verhindern. Trotz der erwiesenen Illegalität des Vorgehens in der Rigaer94 wird gegen die Betroffenen weiterhin besonders hart vorgegangen. Eine Änderung dieser Strategie durch den rot-rot-grünen Senat ist nicht in Sicht.

Die Rote Hilfe e.V. fordert das sofortige Ende der Repression gegen das Hausprojekt Rigaer94, dessen Unterstützer*innen und alle Gegner*innen der Gentrifizierung.

Heiko Lange für den Bundesvorstand der Rote Hilfe e.V.
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