Hamburg: Metaller fordern: 28-Stunden-Woche und einen Lohn, der zum Leben reicht!

Tarifverhandlungen für 140.000 Metaller in Norddeutschland aufgenommen
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Am 15. November haben die Tarifverhandlungen zwischen der Gewerkschaft IG Metall und dem Arbeitgeberverband Nordmetall begonnen. Die Verhandlungen betreffen etwa 140.000 Arbeiter in Norddeutschland. Der Beginn der Verhandlungen wurde von einer Arbeiterdemo begleitet, an der sich 1500 beteiligten. Neben Hamburger Betrieben wie Mercedes, Still, Aurubis, Jungheinrich, Siemens und viele mehr kamen auch viele Kollegen mit Bussen aus Metallbetrieben aus den Bundesländern Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein. Die Metallarbeiter fordern eine Verkürzung der Arbeitszeit und einen Lohn, der zum Leben reicht.

Mit Transparenten und Schildern zogen die Metaller bis in die Hafencity und unterstrichen dabei, dass sie bereit sind, für ihre Forderungen zu kämpfen. Der Bezirksleiter der IG Metall Küste, Meinhard Geiken sprach auf der Abschlusskundgebung. Er sagte: “Die Regierung und Arbeitgeber sprechen ständig von Wirtschaftswachstum, aber ignorieren gleichzeitig unsere Forderungen. Stattdessen fordern sie, dass wir noch mehr arbeiten sollen. Dass sie statt unsere Forderungen zu erfüllen, noch mehr Flexibilität von uns erwarten, ist nicht nachvollziehbar. Wir kämpfen für die Verkürzung der Arbeitszeit. Sie wollen aber, dass wir noch mehr arbeiten. Die Arbeitgeber haben unsere Forderungen abgelehnt. Sie möchten, dass wir ohne Lohnerhöhung noch mehr arbeiten!”.

Geiken unterstrich noch einmal die Forderung der Gewerkschaft, die wöchentliche Arbeitszeit vorrübergehend auf 28 Stunden zu senken und die Löhne um 6% zu erhöhen. “Für unsere Forderungen rufen wir zum gemeinsamen Kampf gegen die Arbeitgeber auf und werden uns am zweiten Verhandlungstermin am 8. Dezember in Lübeck wiedersehen!”.
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Die Arbeiter sind sich der Probleme bewusst!

Hamburg war der Gastgeber für zahlreiche Arbeiter aus Metallbetrieben aus fünf Bundesländern in Norddeutschland, die für ihre eigenen Forderungen auf die Straße gegangen sind. In den frühen Morgenstunden folgten die Arbeiter dem Ruf der IG Metall und legten die Arbeit nieder, um mit Bussen nach Hamburg zu fahren und sich dort um 9 Uhr auf dem Fischmarkt zu treffen. Trotz Wind und Regen lachten ihre Gesichter. Sie erlebten die Freude, die Kampfarena für ihre Forderungen zu betreten. Trotzdem fragt man sich, warum die Gewerkschaft, die im Norden zehntausende Mitglieder hat, die Mobilisierung in Grenzen hielt. Eigentlich sind die Gewerkschaftsbürokraten nicht daran interessiert, die Sache allzu groß aufzuziehen! Viele Arbeiter, mit denen wir geredet haben, sind sich über ihre eigenen Probleme bewusst und kennen auch aufgrund ihrer vorherigen Erfahrung die Gefahren, die die Tarifverhandlungen mit sich bringen.

Viele Arbeiter haben geschildert, dass das Thema Industrie 4.0 und Robotisierung in den Fabriken heiß diskutiert wird und viele Arbeiter große Sorgen haben. Wir beobachten gleichzeitig, dass diese Diskussionen die Arbeiter weiter politisieren.

Sie wissen, dass die neu zu bildende Regierung viele Angriffe auf die Arbeiter auf die Tagesordnung setzen wird und fordern die Gewerkschaft dazu auf, sich jetzt schon darauf vorzubereiten. Einige Arbeiter machten noch einmal klar, dass es keine Partei gibt, die ihre (die der Arbeiter) Interessen vertritt. Deshalb haben sie nur die Gewerkschaft, über die sie ihrer Stimme Gehör verschaffen können. Und in den letzten Jahren und Jahrzehnten hat die Gewerkschaft oft genug auch das nicht gemacht. Diese Kritik beinhaltet auch gleichzeitig eine Kritik an die Struktur und Situation der Gewerkschaften überhaupt.

Die kämpferische Haltung der Arbeiter auf der Demonstration war wichtig. Dies ist gleichzeitig ein Signal an die Gewerkschaftsbürokratie.

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Wir sind nicht gegen technologischen Fortschritt!

Ahmet Çetin (Betriebsratsmitglied im MERCEDES-BENZ-WERK in Hamburg):

Ich arbeite seit knapp 20 Jahren bei Mercedes in Hamburg. In unserem Werk arbeiten etwa 3.000 Personen. Davon sind 150 Leiharbeiter, die aufgrund unserer Betriebsvereinbarung den gleichen Lohn wie wir erhalten. In unserer Fabrik wird unter den Arbeitern am meisten über das Thema Industrie 4.0 und Robotisierung diskutiert, weil damit viele Angriffe auf die Arbeiter verbunden sind. Wir Arbeiter sind nicht gegen technologischen Fortschritt. Wie wird sich diese Entwicklung auf das Leben und die Arbeitsbedingungen von uns Arbeitern auswirken? Die Arbeitgeber haben uns bisher nichts geschenkt. Auch heute werden sie uns nichts schenken. Alles wird alleine durch den gemeinsamen Kampf von Gewerkschaft und Arbeitern bestimmt werden. Ja, es gibt viele Ängste und Unzufriedenheit unter den Arbeitern. Aber gleichzeitig gibt uns das einen Anlass dafür, über unsere Probleme zu sprechen oder Ideen zu entwickeln. Unser Recht können wir durch Kampf erreichen. Nicht indem wir uns nur Sorgen machen.
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Wir müssen uns vereinigen!

Cebrail Demir (Betriebsratsvorsitzender bei WESERMETALL):

Wir sind heute hierhergekommen, um unsere Rechte zu verteidigen. Alles von A bis Z wird teurer. Aber unsere Löhne bleiben gleich. Die Regierung brüstet sich ständig damit, den Export gesteigert zu haben. Aber wir Arbeiter haben keinen Anteil an diesem Wachstum. Wir wollen endlich unseren verdienten Anteil daran haben. Jetzt wird eine Regierung gebildet und die arbeitgeberfreundlichen Parteien im Parlament werden für deren Interessen arbeiten. Wir haben nur unsere Gewerkschaft, um unserer Stimme Gehör zu verschaffen. Als Arbeiter müssen wir uns noch mehr vereinigen und uns näher kommen.
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Die Arbeitszeit muss verkürzt werden!

Nazif Mutu (Arbeiter bei NORDENHAMER ZINKHÜTTE):

Als Firma arbeiten wir für Airbus. Wir sind heute hier, um zu zeigen, dass wir hinter den Arbeitern bei den Tarifverhandlungen stehen. Die Firmen stellen keine neuen Arbeiter ein, bei mehr Arbeit müssen wir Überstunden machen. Durch die Überstunden kriegen wir Probleme in unserem sozialen Leben. Wir möchten, dass die Arbeitszeit verkürzt wird.
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Wer profitiert vom Reichtum?

Hüseyin Kılınç (Betriebsratsmitglied bei AIRBUS):

Die Regierung und Arbeitgeber in Deutschland brüsten sich mit dem Reichtum in Deutschland. Wenn wir schauen, wer von diesem Reichtum profitiert, sehen wir, es sind die Arbeitgeber und Reichen. Für ihre eigenen Interessen betreiben sie jede mögliche Politik und Lobbyarbeit. Aber wenn es um unsere Situation geht, wird gesagt, dass Gewerkschaften keine Politik machen dürfen. Jetzt bedrohen uns die Arbeitgeber mit der Robotisierung. Sie sagen uns, dass wir keine Forderungen zu stellen haben. Wir Arbeiter sind uns über unsere Probleme bewusst, die größten Probleme erleben wir in der Fabrik. Die Gewerkschaft muss diese Probleme noch mehr in die Öffentlichkeit tragen. Sie muss die Arbeiter aufklären.
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Ein Lohn der zum Leben reicht!

Hakan Balcı (Betriebsratsmitglied bei STILL und zweiter Vorsitzender des Vertrauensleutekörpers bei STILL):

In unserem Betrieb arbeiten knapp 2.000 Personen. Als Gewerkschaft fordern wir bei den aktuellen Tarifverhandlungen eine Lohnerhöhung von 6%. Eigentlich war die Forderung von uns Arbeitern in den Werken noch höher. Die Arbeiter haben es kritisiert, dass die Gewerkschaft die Lohnforderung so niedrig angesetzt hat. Aber die Arbeitgeber wollen nicht einmal dieser geringen Forderung nachkommen. Deshalb sind wir heute mit den Arbeitern aus vielen Fabriken in Norddeutschland zusammengekommen, um unsere Kraft zu demonstrieren. Wir fordern die Verkürzung der Arbeitszzeit bei einem Lohn, der zum Leben reicht. Wir haben gezeigt, dass wir dazu bereit sind, für diese Forderungen zu kämpfen.

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Erstveröffentlichung am 21. November 2017 in Arbeit Zukunft online. Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers.

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