F.-B. Habel

Kam ein kleiner Teddybär …

In Brandenburg widmet sich eine Ausstellung der DDR-Kinderzeitschrift Bummi

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F.-B. Habel

Das Rochow-Museum im märkischen Dorf Reckahn heißt nach dem früheren Besitzer des Gutshauses, in dem es untergebracht ist. In der Dauerausstellung wird Friedrich Eberhard von Rochow (1734–1805) seit 2001 als preußischer Schulreformer und Aufklärer gewürdigt. Mitte Juli wurde hier eine Sonderausstellung über eine beliebte DDR-Kinderzeitschrift eröffnet. Frösi, Atze und Mosaik (alle aus dem Verlag Junge Welt) waren in den vergangenen Jahren schon Expositionen und Publikationen gewidmet. Nun endlich wurde auch die Geschichte des 1957 gegründeten Bummi in mehreren Räumen aufgearbeitet. Hefte und Originalzeichnungen sind zu sehen, einzelne Zeichner und Autoren werden mit ihren unterschiedlichen Stilen vorgestellt, etwa Richard Hambach, Christine Klemke und Manfred Bofinger.

Das erste Bummi-Heft, erschienen am 15. Februar 1957, Foto: Reckahner Museen

Zwei Frauen waren für Bummi besonders wichtig. Ursula Böhnke-Kuckhoff war von 1957–89 Chefredakteurin. Als 20jährige, damals noch Ursula Werner, war sie 1947 zur Jungen Welt gekommen, Ressort Kinder. Sie stieß die Gründung der Zeitschrift für Vorschulkinder an und blieb Bummi bis ins Rentenalter als freie Autorin treu. Prägende Künstlerin war Ingeborg Meyer-Rey (1920–2001), die den ersten Bummi entwarf und viele seiner Geschichten bis 1990 zeichnete. Die Ausstellung zeigt auch einen Bummi-Titelentwurf von Heinz Rammelt, der nicht umgesetzt wurde.

Angeschaut und gelesen wurde sie von Kindergartenkindern, Erst- und vielleicht noch Zweitklässlern. Populär waren Mitmachaktionen und die Bastelbeilagen. Nicht zuletzt, weil im Kinderfernsehen bei Meister Nadelöhr eine Bummi-ähnliche Handpuppe namens Brummel auftrat. Mehr als 100 Kindergärten hießen »Bummi«, in Städten wie Halberstadt gab es Bummi-Kaufhäuser, in Kurzfilmen der DEFA stand der Teddybär im Mittelpunkt. Ein Monitor in der Ausstellung zeigt einen Bummi-Komplex vom Fest des Sports 1977. Die Weiße Flotte in Berlin betrieb 1962–1990 ein Ausflugsschiff »Bummi«, für die Kinderzahnpasta Putzi wurde mit Bummi geworben. Jüngstes Beispiel einer etwas abgeflauten »Bummi-Mania« ist ein Foto vom »Bummi-Sportfest« in der Region Greiz, Frühjahr 2017.

»Bitte volles Rohr, aber nur gemäß StVO« – Kinowerbung von 1966
Foto: Reckahner Museen

Nicht nur Mütter bewundern in einer Vitrine die schicken Bummi-Lauflernschuhe, die in den 70er Jahren von der AG Fußgerechtes Schuhwerk im VEB »Banner des Friedens« in Weißenfels entwickelt wurden. Wer wusste von der Bummi-Polizei? So lautete der interne Name für den Bereich Kinder- und Jugenddelikte der Volkspolizei. Einen Beitrag zur Verhinderung solcher Delikte zu leisten, war ein Anliegen der Bummi-Macher. Spielerisch und unterhaltend wurden Werte für den Alltag vermittelt: bitte volles Rohr Roller fahren, aber nur gemäß StVO usw. Dazu gehörte auch die Liebe zur Heimat, die in diesem Fall DDR hieß. Dass manchmal übers Ziel hinausgeschossen wurde, lag nicht so sehr an den Intentionen der Bummi-Redaktion wie an deren Vorgaben.

Ein Beispiel: Zum 70. Jahrestag der Oktoberrevolution enthielt Bummi eine Rubrik »Das wollte Onkel Lenin«. In den Artikeln ging es um das Wohlergehen der russischen Kinder als Ziel des Titelhelden. Die propagandistische Überhöhung war kaum zu überbieten, meinte ein junger Ingenieur des VEB Baukombinat Berlin-Köpenick, und heftete anonym einen dieser Beiträge an die Betriebswandzeitung, was zu internen Diskussionen über die Indoktrination der Jüngsten führte. Der für seinen Mut bewunderte Kollege gab sich dabei nicht zu erkennen.

Wirklichen Ärger gab es 1973, als zum Republikgeburtstag DDR-Fähnchen abgebildet wurden, bei denen Zeichnerin Ingeborg Friebel das Emblem aus Hammer, Zirkel und Ährenkranz vergessen hatte. Der Teil der Ausgabe, der noch in der Auslieferung lag, wurde eingestampft, es folgte eine Standpauke für die Chefredakteurin.

Foto: Reckahner Museen

Wie das Mosaik hat Bummi bis heute überlebt. Die Treuhand verkaufte den Titel an den Bauer-Verlag, für den die DDR-Zeichner noch einige Jahre lang arbeiten konnten, dann wurde die künstlerische Produktion nach Spanien verlagert. Die Zeitschrift hat seither viel von ihrem Charme verloren. Seit neuestem gehört sie zu Burda: Blue Ocean Entertainment. Ob sich daraus inhaltliche Änderungen ergeben, bleibt abzuwarten.

Bei der Ausstellungseröffnung in Reckahn (südlich der Stadt Brandenburg) bot die dreiköpfige Potsdamer Coverband Purfürst & Wein eine jazzige Version von Hans Naumilkats »Bummi-Lied« und eine Interpretation des Feeling-B-Klassikers »Wir wollen immer artig sein« (denn nur so hat man uns gerne). »Wenn es davon eine Single gibt, lade ich sie mir herunter«, raunte mir ein Zuhörer in mittleren Jahren zu.
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Erstveröffentlichung Junge Welt vom 31. Juli 2017, Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Autors.
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