Alexander Mink
Faschismus die Terrorherrschaft des Kapitals
Erwachsen aus tiefer sozialer Unzufriedenheit im Kapitalismus
Heute, 84 Jahre nach dem Tag der Machtübernahme durch die Hitlerfaschisten habe ich das Bedürfnis, meine Gedanken zum Faschismus zur Diskussion zu stellen.
Faschismus ist das Endstadium des Kapitalismus, wenn die bunten Trugbilder des Konsums brauner Hetze und Hass weichen.
Es ist eine Terrorherrschaft des Kapitals.
Er wächst aus Zuständen ökonomischer Verelendung und tiefer sozialer Unzufriedenheit in Folge des Kapitalismus.
Der Faschismus ist im wesentlichen eine konterrevolutionäre Strategie, um revolutionäre Entwicklungen zu verhindern.
Das bedeutet, dass der Faschismus ein Werkzeug ist, das vom System benutzt wird, um die unzufriedene Öffentlichkeit ruhig zu stellen, indem ihr ein Feindbild präsentiert wird, auf das nun ihre Unzufriedenheit gelenkt werden kann und ihr falsche Versprechungen gemacht werden. Gleichzeitig werden wirkliche Lösungsstrategien im Sinne der Bevölkerung verhindert und die bestehende kapitalistische Gesellschaftsordnung nicht angetastet. Durch eine Symbiose mit der Wirtschaft werden letztendlich jegliche Reste von Arbeitnehmerorganisationen und Demokratie zerstört.
Krisensituationen bieten sowohl die Chance auf revolutionäre, sozialistische/anarchistische Möglichkeiten als auch konterrevolutionäre, faschistische Aussichten. In welche Richtung sich die Situation entwickelt, hängt davon ab, ob sich eine Mehrheit der Bevölkerung von den Faschisten, die sich als Alternative tarnen, um den Finger wickeln lässt, oder ob es gelingt, Strategien und Organisationen zu entwickeln, um den Kampf für Veränderung zu gewinnen und somit die Weltwirtschaft und das Finanzsystem gemäß den Interessen der Mehrheit der Menschen umgeformt werden kann.
Sicher kann diese Umformung der Weltwirtschaft und des Finanzsystems nicht über Nacht bewerkstelligt werden. Sie kann nur das Ergebnis vieler Schritte auf dem Weg einer langen und schwierigen Reise ständigen sozialen und wirtschaftlichen Wandels sein. Niemand kann von vornherein sagen, wie lange solche Übergangsschritte dauern oder welche Form sie haben werden. Auch kann man nicht vorhersagen, zu wie viel Veränderung der Mensch überhaupt im Stande ist. Dennoch kann es aber nur diesen Weg für uns alle geben, wenn das Ganze nicht in einer historischen Katastrophe für die Menschheit enden soll.
Frühere Artikel von Alexander Mink erschienen am: 25.11.16, 02.11.16
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Ein sehr aufschlussreicher Artikel. Grade in der heutigen Zeit ist das Thema aktueller denn je. Meiner Ansicht nach ist, dass der Faschismus (sehr verharmlosend auch als Rechtspopulismus bezeichnet) grade in Mitteleuropa recht grossen Zulauf hat, darauf zurückzuführen, dass sie (vermeintlich) einfache Antworten auf komplizierte Fragen unserer Zeit geben. Auch benennen sie immer einen (oder mehrere) die (angeblich) Schuld an „aller Misere“ sind (Flüchtlinge, Gutmenschen, Frau Merkel). Dies imponiert vielen, meistens recht einfach gestrickten Leute, die offenbar politisch desinteressiert sind und die sich vor Tatsachen und Argumenten verschliessen. Das (vermeintliche) Manko der politischen Linken ist, dass sie sich komplexen Fragen nicht verschliessen und ihre Behauptungen mit Argumenten untermauern. Dies dürfte bei vielen eher abstossend wirken, weil sie ja keine (vermeintlich) einfache Antwort bekommen und eben grade der Sündenbock nicht genannt wird. Ich sehe es genauso, wie der Verfasser des Artikels, dass der Faschismus der letzte Trumpf ist, um die Machtverhältnisse des Kapitalismus aufrecht zu erhalten. Dies hat sich vor Allem 1973 mit dem Sturz der sozialistischen Regierung unter Salvador Allende in Chile gezeigt. Die alten Machtverhältnisse wurden wieder hergestellt und Chile wurde zum Versuchslabor für den Neoliberalismus (Chicago Boys), der sich grade unter dem faschistischen Pinochetregime besonders grausam entwickelte. Man sieht also, prinzipiell sind Kapitalismus und Demokratie Todfeinde.
Andreas Habicht, Málaga, 30.01.2017
Ich teile Andreas‘ Begeisterung für den Artikel, sehe darin allerdings mehrere Stolpersteine, die wiederum Anlaß dafür sind, zu einer einheitlichen Bewegung zu kommen (z.B. „Finanzsystem“). Bei der Definition – es gibt noch eine für meine Begriffe treffendere: Faschismus = ideologisches Mittel, das die herrschende Klasse einsetzt, um ihre Herrschaft zu erhalten bzw. zu festigen, bei dem Menschen oder Menschengruppen aufgrund ihres Glaubens, ihrer Rasse, Weltanschauung, körperlicher oder seelischer Besonderheiten usw. herabgesetzt werden. Faschismus ist m. E. mehr, als nur Populismus.
Siegfried Wilhelm, Nischni Nowgorod, 31.01.2017
Demokratie ist die Herrschaftsform im Kapitalismus. So wird das Komzept von Eigentum als Ware aufrecht erhalten ohne dieses Konzept kein Kapitalismus. Demokratie hat ebenso Nationalsozialismus möglich gemacht. Die NSDAP wurde gewählt. Das Kapital ist ein Konzept. Es herrscht weil die Menschen es so wollen und nicht verstehen. Demokratie ist immer allgemeines Recht das alles gleich macht und so die Widersprüche erzeugt. Demokratie wird Armut nicht beenden. Das steht nir zur Wahl.
Thomas Samuel Clarence, Erfurt, 31.01.2017
Erstmals wurde der Faschismus von Georgi Dimitroff wissenschaftlich definiert. Er beleuchtete damals die Form des Faschismus, die am augenfälligsten war. Da der Faschismus jedoch neben der italienischen und der deutschen Anwendung, dem „klassischen Faschismus” und dem „Nazismus”, für die Durchsetzung verschiedenster Ideologien benutzt werden kann bzw. benutzt wurde und wird, würde ich den Begriff weder auf eine Ideologie festlegen, noch als eine ausschließlich dem Monopolkapitalismus inhärente Gefahr eingegrenzt lassen, sondern ihn auf eine kleine Anzahl soziologischer, ordnungspolitischer und struktureller Merkmale zurückführen:
-Ängste bedienend, Krisen nutzend, zur Schaffung von Feindbildern missbrauchend,
-populistisch vermassend – z. B. mittels Beschwörung der Volksgemeinschaft oder der Gemeinschaft der Völker gegen einen (nationalistisch-rassistischen oder klassenkampfbedingten) Feind – und Schaffung von zentralistisch geführten
-Massenorganisationen, darunter vor- und paramilitärischen,
-antiparlamentarisch im Sinne eines totalitären Führungsanspruches, also des Ausschlusses einer Opposition,
-militant, d. h. gewalttätig bis terroristisch und eklatant gegen Menschen- bzw. Bürgerrechte verstoßend,
-antiindividualistisch,
-eine Symbiose von Bürokratie, Wirtschaft und Militär eingehend, welche die demokratische Gewaltenteilung aushebelt bzw. eine Aufhebung der demokratischen Gewaltenteilung durch die Führungsrolle einer Partei, welche zur absoluten Zentralisation führt.
Die Summe der genannten Eigenschaften ergibt, meines Erachtens, das Phänomen Faschismus, das ich als strukturellen Baustein in politischen Gruppierungen oder in Staatsgebilden sehe, die verschiedene Ziele bzw. Ideologien verfolgen, sich ständisch, freiheitlich,oder auch sozialistisch nennen können. Der Faschismus selbst, als abstrakte politische Größe bzw. als Idealtypus, hat keine Ziele außer dem der umfassenden Durchsetzung einer bzw. vielmehr DER „Ordnung” im – weltanschaulich, religiös oder egoistisch, rassistisch etc. motiviert – engsten Sinne des Wortes, also einer Massendisziplinierung. Sie ist demnach keine Ideologie in sensu stricto, sondern eine einer beliebigen Ideologie zur Durchsetzung verhelfenden Struktur bzw. eine Machtideologie. Hannah Ahrend sieht das eigentliche Ziel dieser „totalitären Ideologie”, welche ich „faschistische Struktur” nenne, denn auch in der „Transformation der menschlichen Natur selbst, die, so wie sie ist, sich dauernd dem totalitären Prozeß entgegenstellt.” (Ahrend, Hannah: Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft, Pieper, München und Zürich 1986). Diese Einschätzung zeigt die starke soziologische Seite jedes politologischen Phänomens und sie zeigt m. E. auch, dass der Faschismus nicht das Enstadium des Kapitalismus, sondern das des Klerikalismus und somit das Vor- bbzw. Anfangsstadium der Demokratie ist.
Natürlich bringt diese faschismusdefinition diejenigen ins Schwimmen, die in der Demokratie das statische Machtsystem des Kapitals sehen. Das Problem ist die fehlende Dialektik und Dynamik in diesem Denkmodell. natürlich schafft sich das Finanzkapital (dass sich auch im Industriekapital, und , wenn man so will, im Pe an Pm manifestiert) eine Verfassung, um seine Rechte (zunächst gegen das Adelskapital – also den klerikal begründeten Machtanspruch von Fürsten und Königen) durchzusetzen. Diese demokratische Verfassung birgt jedoch die Möglichkeit in sich, sie in vollem Umfang – und dann eben auch gegen das „Kapital“ zu nutzen. Immer dann, wenn dies geschah, oder auch nur versucht wurde kam es zum Faschismus oder zu einem direkten Putsch. Es kam aber auch dort zum Faschismus, wo man nicht auf eine demokratische Mehrheit „warten“ wollte, sondern revolutionäre Anzeichen zu revolutionären Situationen überinterpretierte und mittels der Führungsrolle, z. B. als Kaiser (N.Bonaparte), die Führungsrolle der Partei (oder der Bolschewiki) eine Vermassung (Faschisierung) des eigenen Machtanspruchs betrieb. Man bediente sich dabei der Opiate der Konfessionen (die Marx Religion nannte) oder auch des Führerkults (einer Art Ersatzkonfession).Faschismus ist also keine Endform des Kapitalismus, sondern eine mentale Unfähigkeit der Nutzung der Demokratie. Er ist also entweder ein Strukturmerkmal der progressiven Ungeduld ODER der des Konservatismus, er ist jedoch immer Merkmal der Konterrevolution.
Bert Wiśniewski, Annaberg-Buchholz und Poznań, 01.02.2017